Künstliche Intelligenz im B2B-Umfeld
Autor: Dr. Ralf Deckers, Bereichsleiter am IFH KÖLN
Vereinfachen uns intelligente Technologien rund um KI, Chatbots und das Metaverse unseren Arbeitsalltag? Warum wir profitieren und uns nicht bedroht fühlen sollten.
Wir merken es doch alle. Seit einiger Zeit schon. Vertrieb und Verkauf haben sich verändert. Vieles, was früher im persönlichen Kontakt, im persönlichen Gespräch erfolgte, ist nunmehr auf digitale Tools und Prozesse verlagert. Die Pandemie hat hier noch einmal nachgeholfen und die Entwicklung der Digitalisierung – gezwungenermaßen – vorangetrieben.
Schauen wir einmal auf die Fakten:
- Der E-Commerce im B2B-Bereich wächst ebenso wie der B2C-E-Commerce seit Jahren kontinuierlich. Betrachtet man die letzten zehn Jahre, ist ein durchschnittlicher jährlicher Zuwachs im B2B-Onlinehandel von über 6 % zu verzeichnen. In Interviews geben Hersteller und Großhandel zu Protokoll, dass die Pandemie hier noch einmal ein verstärktes Umsteuern bewirkt hat. Und die Grenzen des Wachstums sind nicht in Sicht. Hersteller und Großhändler rechnen sogar mit mehr Wachstum in der Zukunft. Sie arbeiten auch dran: Flächendeckend werden Digitalisierungsprojekte initiiert.
- Die Zunahme des Online-Vertriebs hat natürlich Folgen: Hersteller und Großhändler berichten von einer Kannibalisierung analoger Umsätze. Also: Umsätze, die normalerweise über klassische analoge Kanäle (stationäre Geschäfte, Außendienst, Innendienst), generiert wurden, werden nun online getätigt. Und die Kanalverlagerung ist durchgängig. Der persönliche Kontakt ist in der gesamten Customer Journey, von der Informationsbeschaffung bis zum Aftersales, deutlich auf den zweiten Rang verwiesen worden. Und sie ist recht beträchtlich: Viele berichten von über 30 % der Umsätze, die in den Onlinekanal verlagert wurden.
Wenn wir weiter in die Zukunft schauen, drängen sich zwei Fragen auf: (1) Welche Bedeutung, welche Effekte haben neue digitale Tools und Trends, wie Chatbots und das Metaverse? Fährt der Zug dadurch noch schneller und zielstrebiger in Richtung Online? (2) Wo bleibt bei alldem der persönliche Kontakt?
Beginnen wir mit einem Blick auf die aktuellen Trendthemen KI und Metaverse. Sicher, hier wird viel gemunkelt und geraunt. Große Visionen, verheißungsvolle Perspektiven werden an die Wand gemalt. Vieles ist dabei unklar und ungewiss. Aber abseits des Hypes bestehen in den neuen Technologien durchaus nützliche Anwendungs- und Einsatzfelder. Und zwar jetzt schon.
- Das Metaverse wird als neue Evolutionsstufe des Internets ausgerufen. Alles verlagert sich in virtuelle Welten. So heißt es. Große virtuelle Galaxien, sogenannte M-Welten, entstehen, in denen man sich mit seinem digitalen Avatar bewegt. Und zwar nahtlos von einer Welt in die andere. Und gleichzeitig, das ist das Schöne, werden gigantische Umsätze generiert. Kann sein. Wahrscheinlich ist das – zumindest jetzt – nicht. Gleichwohl sind Trends und Diskussionen rund um das Metaverse vor allem für Unternehmen bzw. Brands durchaus ernst zu nehmen und auch zu beobachten. Aktuell bestehen große Online-Plattformen mit großen Reichweiten und Nutzerzahlen, die sich in Richtung Metaverse entwickeln. Denken wir nur an prominente Gaming-Plattformen wie Fortnite oder Roblox. Hier wird das Metaverse gelebt. Und zwar von vielen. Gleichzeitig nutzen Hersteller, vor allem aus dem Fashion-Bereich, Metaverse-Plattformen zur Inszenierung ihrer Marke, zur Präsentation von Waren und zum Austausch mit ihren Kundinnen und Kunden. Für den B2B- Vertrieb und Verkauf bestehen hier durchaus Ansatzpunkte.
- Aktuell steht vor allem das KI-Thema und Machine Learning im Allgemeinen im Rampenlicht. Der intelligente Chatbot ChatGPT hat mit historisch einmaligen Nutzungsraten von sich reden gemacht. Auch hieran knüpfen sich weitreichende Hoffnungen. Und auch hier gilt es jenseits des Hypes genau hinzuschauen. KI durchdringt jetzt schon unseren gesamten Alltag, von uns Kundinnen und Kunden mal mehr, mal weniger, mal gar nicht bemerkt. Denken wir nur an die Entsperrung unseres Smartphones oder unseren Newsfeed auf Social Media. Und KI erlaubt Marketing-Anwendungen über die gesamte Customer Journey hinweg. Von der Bedarfsweckung über KI-generierten Content bis hin zum Kundenservice über Chatbots: Bei den bekannten und „Standard”-Marketinganwendungen vereinfacht KI durch automatisierte Prozesse den Alltag der Marketeers.
Und wo bleibt da der persönliche Kontakt? Wenn Sie vom 05. bis 07. September 2023 die IAW-Messe besuchen, haben Sie nichts falsch gemacht, nicht den Trend verpasst. Im Gegenteil. Auch und gerade im digitalen Umfeld gibt es starke Gründe für den persönlichen Kontakt.
- Ja, die herkömmliche Außendiensttour mag auf dem Rückzug sein. Aber der Außendienstler bleibt weiterhin wichtig, als Ansprechpartner bei komplexen Fragen, bei Bestellproblemen und bei Servicewünschen. Auch das sagen uns Kundinnen und Kunden in Interviews.
- Das Metaverse eröffnet Optionen als weiterer Touchpoint. Aber kein Mensch wünscht sein Leben mit VR-Brille vor der Nase zu verbringen und sei es auch die Design-Schönheit von Apple.
- Das Verhältnis der Kundinnen und Kunden zu KI und Chatbots ist von Ambivalenz gekennzeichnet, von Faszination, aber auch vom Unbehagen, vom Schaudern und Distanzhalten. Ein „echter“ Mensch im direkten Austausch ist den allermeisten immer noch lieber.
- Die GenZ, die ja im Verdacht steht, nur noch digital agieren zu wollen, geht in Geschäfte zum Stöbern und zur Inspiration. Vielleicht etwas weniger als die ältere Kundschaft, aber sie shoppen noch immer stationär. Unsere Studien zeigen das.
Die Liste ließe sich fortsetzen. Genießen und nutzen Sie also Präsenzveranstaltungen wie die IAW-Messe. Sie sind dort richtig!